Schauspiel und Coaching – der Text zu meinem Vortrag zum 36. Münchner Filmfest
[vc_row][vc_column width=“2/3″][vc_column_text]SCHAUSPIEL UND COACHING. Das ist ein komplexesThema. Deswegen habe ich meinen Vortrag verschriftlicht. Jonathan Berlin nannte diesen Text ein „Manifest“. Und ja, vielleicht ist es das.
Mein Ziel war von Anfang an, dass Schauspielcoaching richtig verstanden wird. Dass eben auch und gerade sehr gute und sehr gut ausgebildete Schauspieler oder Schauspieler in Ausbildung mit einem Coach arbeiten können, dürfen und sollten. Ich möchte das Verständnis von Schauspielcoaching erneuern. Dafür werde ich auf die 7 typischen Fragen zum Coaching eingehen, die mir immer wieder gestellt werden.
Und es gibt kein besseres Beispiel für Schauspiel und Coaching als Jonathan Berlin. Ich arbeite mit ihm seit über 7 Jahren – am Anfang unserer gemeinsamen Arbeit war er erst 17 und bewarb sich auf Schauspielschulen. Kurz seine Biografie:
Jonathan Berlin wurde 1994 in Ulm geboren und wuchs in der schwäbischen Kleinstadt Günzburg auf. Er spielte seit seinem achten Lebensjahr Theater, spielte im Jungen Ensemble des Theaters Ulm und stand mit 15 er das erste Mal vor der Kamera.
Für die Hauptrolle in dem Kurzfilm JEAN (Regie: Alexander Jaschik) schickte ihn sein Agent zu mir zum Coaching. In dieser Arbeit lernten wir uns kennen und anschliessend folgte eine Nebenrolle in dem Kinofilm UND MORGEN MITTAG BIN ICH TOT (Regie: Frederik Steiner) neben Liv Lisa Fries.
Jonathan ging dann auf die Otto Falckenberg-Schauspielschule, die er 2016 erfolgreich abschloss. Während des Studiums spielte er als Gast an den Münchner Kammerspielen und übernahm parallel erste größere Rollen für Film & Fernsehen wie etwa im ZDF- Dreiteiler TANNBACH (Regie: Alexander Dierbach) oder dem Kinofilm SCHNEEBLIND (Regie: Arto Sebastian). Für seine Hauptrolle in der Romanverfilmung DIE FREIBADCLIQUE unter der Regie von Friedemann Fromm gewinnt Jonathan 2018 den New Faces Award als Bester Nachwuchsdarsteller und ist für den Deutschen Schauspielpreis 2018 nominiert. Auf dem Filmfest München lief Jonathan mit einer Hauptrolle in Thomas Stubers Romanverfilmung KRUSO – KRUSO läuft im Herbst auf der ARD.
Bevor der Hauptteil losgeht, möchte ich noch ein paar Sachen klären:
Ein Coach muss STRUKTUR geben und ein KONZEPT haben. Genauso wie es der Regisseur und der Schauspieler haben sollte. Sonst verliert man den roten Faden und kommt vom Hundertsten in Tausendste. Auch ein wichtiger Vorteil von Coaching – den Faden in der Vorbereitung nicht zu verlieren.
Ich muss vorab sagen, dass ich politisch inkorrektes Gendering verwende. Ich sage immer „der Schauspieler“. Ich verwende dies abstrakt und geschlechtsunabhängig. Ich meine damit auch SchauspielerINNEN.
Dies ist nun ein langer Text, aber manches braucht eben seine Zeit – Coaching auch. Und Zeit ist im Film durch nichts zu ersetzen, ausser durch Zeit.
Coaching ist IMMER Method Acting. Method Acting ist ein Kunstwort.„Method Acting“ heisst übersetzt METHODISCHES SCHAUSPIEL. Das ist, was ich mache. Das ist, was ALLE Schauspieler machen: METHODISCHES SCHAUSPIEL. Denn jeder Schauspieler hat gewollt oder ungewollt seine Methode, seine Art, sich vorzubereiten.
Es war der Russe Konstantin Sergejewitsch Stanislawski, der als historisch Erster alle Schauspieltechniken dokumentierte. Seit Stanislawskis Wissenschaft 1923 in die USA kam, ist es immer wieder dasselbe: Überall tauchen dieselben Methoden auf – nur mit anderen Namen, anderen Schwerpunkten, anderen Begriffen. Es gibt nun einmal nur eine gewisse Anzahl an grundsätzlichen Schauspielmethoden. Der Rest sind Variationen oder Kombinationen davon und eben nicht die Technik „Method Acting“.

Konstantin Sergejewitsch Stanislavski
Es ist ein ständiger Kreis und gegenseitige Inspiration zwischen Schauspielern, Coaches und Koryphäen in der Geschichte des Schauspiels und der Schauspieltechnik. Ein Coach sollte allerdings die Techniken, die er weitergibt, auch verinnerlicht haben.
Welche Methode Du für Dich findest und anwendest ist letztlich Deine Entscheidung – oder sie wird von Deinem Coach oder Regisseur oder Kollegen für Dich getroffen. Aber wer will sich das schon aus der Hand nehmen lassen?
Jetzt geht’s los: Das sind die 7 typischen Fragen zum Thema Coaching:
1. Wenn ich ein Coaching mache, was erwartet mich dann?
2. Was ist der Unterschied zwischen Coaching und Profiling?
3. Stimmen die Vorurteile darüber, wer Coaching nötig hat?
4. Welche Rolle nimmt der Coach gegenüber dem Schauspieler ein?
5. Wie arbeitet ein Coach?
6. Welche Methoden verwendet ein Coach?
7. Welcher Coach ist der richtige für MICH?
1. Wenn ich ein Coaching mache, was erwartet mich dann?
Ich arbeite zu 80% über Gespräche. Im Coaching wird bei mir nicht geschauspielt, sondern höchstens angespielt. Ich höre am Klang der Stimme, ob Du auf der Rolle bist. Ich bin kein Regisseur, ich probe die Szenen nicht. Wir proben höchstens die Figur. Für gemeinsames Ausprobieren, für Körperarbeit gehen wir ins Schauspielstudio oder wir arbeiten vor Ort an bestimmten Haltungen. Wir bauen die Rolle zusammen auf, aber Du musst sie dann selber füllen und für Dich selber ausprobieren. Denn ich bin kein Setcoach. Ich will den Klienten auch nicht auf mein Feedback konditionieren. Am Set ist der Schauspieler höchstens auf das Feedback des Regisseurs angewiesen und nicht mal unbedingt das, denn oft geben Regisseure kein Feedback (was -wenn man das weiss- ok ist).

Dame Sybil Thorndike
Der Schauspieler muss die Rolle verinnerlicht haben. Letztlich weiss nur der Schauspieler selbst, ob er der Rolle gerecht wurde oder nicht. Aber keine Sorge, jeder ernsthafte Künstler weiss:
„Schauspiel ist die schwierigste Kunstform, um Perfektion zu erreichen“
(Dame Sybil Thorndike, britische Theaterlegende).

Elia Kazan
Die Basis ist also das GESPRÄCH. Als Vorbild sehe ich den griechischstämmigen, amerikanischen Film- und Theaterregisseur Elia Kazan. Er gilt als einer der angesehensten und erfolgreichsten Regisseure seiner Generation. Er lieferte bahnbrechende Theaterinszenierungen am Broadway. Seine Filme zählen zur Filmgeschichte: JENSEITS VON EDEN mit James Dean, ENDSTATION SEHNSUCHT oder DIE FAUST IM NACKEN mit Marlon Brando.
Wie hat er damals mit dem relativ unbeleckten JAMES DEAN seine erste grosse Filmrolle gearbeitet? Sie gingen zusammen spazieren und haben geredet. KAZAN gilt auch grossartiger Manipulator seiner Schauspieler am Set. Und Manipulation ist spätestens seit Ivana Chubbbuck kein böses Wort mehr. Es ist Teil unseres Handwerks. So wie Manipulation im alltäglichen Leben fester Bestandteil aller Menschen ist – sonst gäbe es nur noch mehr Tote und Verletzte.
Die Frage bei einem Coaching-Termin ist vielmehr:
Warum kommst Du zu einem Coach?
Geht es um GRUNDSATZARBEIT oder KONKRETE ARBEIT?
KONKRETE ARBEIT:
– Castingvorbereitung
– Rollenarbeit für Dreharbeiten
GRUNDSATZARBEIT:
– Was läuft bei mir falsch? Warum drehe ich nicht?
– Neue Schauspielmethode
– Public Persona, Imaging, Profiling
2. Was ist der Unterschied zwischen Coaching und Profiling?
Als erstes zum Coaching in der KONKRETEN ARBEIT:
Ein Coach analysiert und präzisiert eine Rolle/eine Szene zusammen mit dem Schauspieler. Damit der Schauspieler zum absloluten Fachmann bezüglich seiner Rolle wird.
Wann reagiert deine Rolle wie und vor allem warum?
Die STRUKTUR ist Schritt Nummer eins.
Dann ist es wichtig, ein Drehbuch und ALLE Szenen zu strukturieren.
Simpel gesagt gibt es ANFANG-MITTE-ENDE. Etwas feiner ausgedrückt bestehen alle Geschichten, Bücher und Szenen aus 5 Akten. Susan Batson nannte sie die „5C´s“:
1. Circumstances
2. Conflict
3. Crisis
4. Climax
5. Conclusion
Die einzelnen C´s können je nach Inszenierung auch off-Screen stattfinden.
Dann werden die 5 AKTE oder 5C´s in BEATS, also in TAKTE eingeteilt. Das nennen wir BEATEN. Und dann wird jeder Satz Satz für Satz durchgegangen:
Wann reagiert deine Rolle wie und vor allem warum?
Das heisst, es werden gemeinsam Akzente gesetzt, Spiel-Entscheidungen getroffen und die Abrufbarkeit und Reproduktion sicher gestellt.
An alle Regisseure und Caster: Das heisst nicht, dass ein Schauspieler einen fixen Plan bekommt – im Gegenteil, er muss FLEXIBEL bleiben und seine Rolle modulieren können, um aus dem Moment und aus den Umständen heraus agieren und auf den Partner reagieren zu können.
Die Arbeit für Castingvorbereitung oder Rollenarbeit für Dreharbeiten ist im Kern immer dieselbe– nur ist eine Hauptrolle natürlich mehr Stoff und muss noch tiefer gearbeitet werden als ein Casting. Ein Casting nenne ich eine Skizze, eine Filmrolle ein Ölbild.
Kommen wir nun zu Coaching in der grundsätzlichen Arbeit – also wenn die Karriere nicht läuft, man in einer Krise ist oder sich einfach neu orientieren möchte:
Als Erstes kommt die ANAMNESE:
Wo steht der Schauspieler ausbildungstechnisch, beruflich, emotional?
Welches Fach belegt er oder welches Fach wäre geeigneter?
Benötigtes Fachvokabular wird geklärt – was ist Need, Action, Objective, Tragic Flaw und so weiter..
Dann gilt es, das Instrument des Schauspielers in Balance zu bringen. Dafür gibt es 6 wichtige Bereiche, die bei jedem unterschiedlich stark im Fokus stehen:
PHYSIS
Die Essenz des Schauspielers muss er durch seine Physis unterstützen. Was nicht heisst, dass Schauspieler manisch auf ihr Äusseres auf Kosten ihres Innenlebens achten sollen! Die Mädels hungern sich runter und rauchen nur noch statt zu essen und als Mann muss man ja jetzt mindestens einen Waschbrettbauch haben. Aber vor lauter Askese oder Fitnesswahn verlieren die Schauspieler den Kontakt zu ihrem Inneren. Das Feuer ist weg. Das darf nicht passieren.
BILDUNG
Ein Schaupieler muss lesen, sich in den Künsten, Malerei, Literatur oder Musik auskennen und gesellschaftlich und politisch informiert sein. Weil er dadurch die Vergangenheit und die Gegenwart besser versteht. Das wird oft als intellektuelle Extravaganz bezeichnet. Aber wir sind Künstler! Durch Bildung treffen wir cleverere, tiefere und intelligentere Entscheidungen für eine Rolle. Das verbessert auch die →
IMAGINATION
Wir müssen die VORSTELLUNGSKRAFT trainieren. Durch Rückbesinnen auf eigene Erfahrungen und gleichzeitiger Erweiterung des eigenen Horizontes durch Bildung kann man sehr viel besser EIGENE BILDER in der Vorstellung entstehen lassen. Und das ist wichtig, denn ein Schauspieler sieht am Set vor allem das Filmteam vor sich. Aber der Regisseur und die Zuschauer müssen BILDER in den Augen des Schauspielers sehen.
EMOTIONALE FLEXIBILITÄT
Dafür muss man sich erstmal seiner eigenen Gefühle bewusst werden. Oft ist da erstmal viel Frust und Traurigkeit. Die muss man los werden und sich von der Seele reden. Erst dann hat man Zugang zu tieferen Gefühlen. Denn hinter jedem Gefühl verbirgt sich ein anderes Gefühl. Wenn man sich dieser vielen und auch tieferen Gefühle bewusst wird –sei es durch Gespräche oder durch Training im Studio oder bei Workshops– dann begreift man, dass die Basis für alle Gefühle Gedanken sind. Dann hat man begriffen, dass man seine Gefühle als Schauspieler durch Gedanken steuern kann. Und dann trainiert man, diese Gefühle in der Praxis auszudrücken.
AUFMERKSAMKEIT
Schauspieler sind sehr sensible Menschen – sie müssen Gerüche, Geschmäcke, Klänge, emotionale Stimmungen und die Stimmung der Umgebung deutlicher wahrnehmen als normale Menschen. Und sie müssen sie nicht nur deutlicher wahrnehmen, sondern sie müssen sie auch noch abspeichern, um sie vor der Kamera reproduzieren zu können. Deswegen heisst Coaching auch, die Sinne eines Schauspielers zu schärfen und sie zu fokussieren.
EMPATHIE
Mit Empathie meine ich nicht politisch korrektes Verhalten von Schauspielern– im Gegenteil: Sie müssen Empathie für ihre Rolle haben! Auch wenn es ein Mörder ist.

Christoph Waltz
Christoph Waltz wurde einmal gefragt, wie es denn sei, einen Mörder zu spielen und wie er sich darauf vorbereitet. Und er meinte „ICH LESE DAS DREHBUCH. ICH MUSS KEIN MÖRDER SEIN UM EINEN MÖRDER ZU SPIELEN.“
Der Schauspieler ist der ANWALT seiner Rolle. Er muss die Rolle verstehen und lieben, bis in kleinste und sogar bis in intime Details. Schliesslich schenkt der Schauspieler seinen Körper der Rolle. Die Empathie eines Schauspielers für seine Rolle muss grenzenlos sein – er weiss aber auch, was seine Rolle NICHT tut. Das ist nicht zu verwechseln damit, was der Schauspieler nicht tun möchte. Also keine Entschuldigungen für EGOS und DIVAS!
Der Schauspieler hat nicht nur Mitgefühl, sondern auch VERANTWORTUNG für seine Rolle. Das macht ihm sein Coach bewusst und präzisiert die Rolle.
So, wir sind immernoch beim Coaching in der Grundsatzarbeit.
Oft liegt es am nicht aussagekräftigen Material des Schauspielers, dass er nicht dreht. Er wird schlichtweg nicht richtig gesehen, weil er sich nicht richtig zeigt! Wenn man ein Problem mit sich Ausstellen hat, sollte man einen anderen Beruf ergreifen. Es geht darum, dass die Essenz eines Schauspielers sichtbar wird.
Was unterscheidet Dich von den anderen? Was macht Dich besonders?
Diese Besonderheit kann man nur durch Selbst-Bewusstsein erreichen.Und Selbst-Bewusstsein erreicht man nur durch Erfahrung und Arbeit. Coaching ist Arbeit an Deinem Selbst-Bewusstsein.
Wenn Du ein unbelecktes Pflänzchen bist, dann sei ein unbelecktes Pflänzchen! Aber selbst die jüngsten Pflanzen unterscheiden sich voneinander. Wenn Du schon sehr viele Erfahrungen gemacht hast, dann bist Du eine Schatzkiste. Wir holen zusammen die Juwelen aus de Schatzkiste.
Imaging und Profiling ist ein wichtiger Teil der grundsätzlichen Coachingarbeit. Wenn ein schlecht aufgestellter Schauspieler zu mir kommt, dann machen wir die Anamnese und finden seine Essenz heraus. Wir finden den richtigen Fotografen für Schauspielerbilder, wir erstellen mindestens eine Demoszene, dann sprechen wir über die richtige Agentur und die für ihn relevanten Caster. Und dann heisst es: Abwarten. Geduld ist hart, aber wahnsinnig wichtig. Am Set wartet man ja auch die meiste Zeit. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut.
Zum Profiling in der grundsätzlichen Coachingarbeit
Wie für alle Künstler – Maler, Sänger, Schriftsteller – ist viel harte Arbeit, ständiges Weiterentwickeln, besser und klarer werden unablässlich. Aber für jeden Künstler jeder Kunstform ist die Vernetzung, das Marketing überlebenswichtig.
Mit Profiling meine ich nicht die polizeiliche Beweisführung oder Täterbeschreibung, sondern eine zur Arbeitsvermittlung nutzbare Erstellung des Gesamtbildes Deiner Persönlichkeit, Deine PUBLIC PERSONA. Ein Schauspieler ist automatisch – ob er will oder nicht – eine öffentliche Persönlichkeit. Ich meine nicht automatisch ein Promi, sondern eine der Öffentlichkeit zur Disposition gestellte Persönlichkeit.
Um sich selber zu schützen, muss der Schauspieler eine PUBLIC PERSONA entwickeln. Aber eben auch um Rollen zu bekommen. Klingt kompliziert, aber wenn ich ein paar Namen sage, versteht ihr mich: Matthias Schweighöfer, Florian David Fitz, Jessica Schwarz, Iris Berben, Hannelore Elsner… Ihr habt sofort ein Bild vor Augen! Ihre PUBLIC PERSONA.
Nicht jeder Mensch hat es verdient, Dein wahres Ich zu kennen. Lass sie ruhig denjenigen kritisieren, von dem sie denken, dass das Du seist.
Dafür ist die Public Persona da. Caster, Redakteure, Produzenten oder Regisseure sollen Deine Public Persona im Kopf haben. Sie sollen ein klares Bild von Dir haben, um an Dich zu denken.
Es ist naiv zu glauben, als Schauspieler solle man nur man selbst sein.
In Wahrheit geht jeder professionelle Schauspieler – ob bewusst oder unbewusst –
mit 3 verschiedenen Persönlichkeiten ans Set:
– in der Rolle vor die Kamera
– als Public Persona zum Team
– und privat – das hat man immer dabei, geht aber niemand was an
Die Public Persona wird im Profiling entwickelt. Für alle Schauspielerbilder, für Facebook, Instagram, Branchen-Veranstaltungen und für berufliche oder öffentliche Termine.

Nicole Kidman
Als Beispiel: Was viele nicht wissen ist, dass Nicole Kidman es hasste, auf rotenTeppichen zu sein. Und deswegen haben Susan Batson und sie eine Public Persona entwickelt. Und zwar über ICON-Arbeit. Nicole machte ab dann immer MARYLIN MONROE auf dem roten Teppich. Sie konnte es bald geniessen, auf roten Teppichen zu sein fühlte sich durch die Public Persona geschützt.
Aber Vorsicht! Man merkt, wenn Profiling schlampig gemacht wurde oder wenn einem der Schauspieler etwas vorspielt! Ich hasse es, wenn Schauspieler einem etwas vorspielen und man merkt, dass sie das nicht wirklich sind! Da fühlt man sich verarscht!
„Man merkt die Absicht und man wird verstimmt“ (aus Goethes TORQUATO TASSO)
Das gilt fürs Profiling genauso wie fürs Schauspielcoaching. Wenn ich im Spiel die Absicht spüre, bin ich verstimmt → Das beste Coaching und Profiling ist das, das man nicht merkt.
Zusammenfassend: Der Unterschied zwischen Profiling und Coaching ist:
Profiling ist für die Public Persona, das äussere Bild,
und Coaching für die inhaltliche, künstlerische Arbeit.
3. Stimmen die Vorurteile darüber, wer Coaching nötig hat?
1. Coaching ist nur für Schauspieler, die keine Ausbildung haben
Nein, denn ich bin kein Schauspiellehrer und ich arbeite fast nur mit Schauspielern, die eine Ausbildung haben oder gerade in Ausbildung sind.
2. Coaching ist nur für Schauspieler, die schlecht sind
Nein, denn alleine DASS sie sich einen Coach suchen, heisst, dass sie gute Schauspieler sind. Weil sie sich und ihre Arbeit ernst nehmen und eben mutig genug sind, ihre Arbeit vor einem Coach zur Disposition zu stellen.
3. Coaching ist nur für schwache Persönlichkeiten
Nein, denn im Coaching geht es ja genau darum, DASS sie ihre Schwäche zur Stärke machen. Und für diese Entscheidung muss man sehr mutig sein. Schauspieler müssen oft schmerzhaft lernen, dass Ihre private Schwäche nicht interessiert. Die interessiert keine Sau! Und wenn jemand nur an Deiner Schwäche interessiert ist, heisst es aufpassen! Ziel des Schauspielcoachings ist es, diese private Schwäche zu einem Teil der Rolle machen. Und die Rolle stellt diese Schwäche bewusst aus oder versteckt sie bewusst.
Mit einem Augenzwinkern: Ein Schauspieler, der zu einem Coach geht, ist nicht schwach. Denn er hat unterbewusst die Überzeugung, dass er eigentlich ein verdammt guter Schauspieler ist. Er weiss nur nicht, wie er es zeigen soll. Und dabei hilft ihm ein Coach, damit der Schauspieler sich traut, seine Grösse zu zeigen.
5. Coaching stört die Arbeit des Regisseurs
Ja, aber nur die Arbeit eines schlechten Coaches! Ein guter Coach gibt dem Schauspieler ein Fundament mit, mit dem er den Regisseur überrascht und interessiert. Dann geht die Arbeit des Regisseurs los. Der Schauspieler wird quasi aus der Hand des Coaches in die Hand des Regisseurs gegeben.
Was auch nicht ganz korrekt ist, denn zwischen den „Händen“ des Coaches und des Regisseurs steht der Schauspieler selbst, der die Coachingarbeit verinnerlicht und trainiert.
Ich habe mit einem grossartigen Regisseur beim Crew Call lange über Coaching und Regie gesprochen und wir sind zu dem Ergebnis gekommen: „MACH DU DEINEN JOB, ICH MACH MEINEN“ Coaching und Regie haben also eine klare Arbeitsteilung. Meiner Erfahrung nach haben bis heute ALLE Regisseure unsere Angebote dankbar angenommen.
4. Welche Rolle nimmt der Coach gegenüber dem Schauspieler ein?
Zu allerserst ist ein Coach ein Reflektor. Damit sich der Schauspieler selber sieht.
Dann ist der Coach ist eine Vetrauensperson. Du machst Dich im übertragenen Sinne nackt bei ihm und offenbarst ihm alle Deine Schwächen und Zweifel. Das muss in einem geschützten Rahmen passieren, bei absoluter DISKRETION.
Aber der Coach ist weder Agent, noch Caster, noch Redakteur, noch bester Freund, noch Therapeuth, noch Partner, weder Papa noch Mama.
Er ist übrigens auch kein GURU. Was bringt Dir ein Guru? Nichts, denn er steht Dir nicht zur Seite! Ein Guru hat visionäre Techniken, ist ein Gelehrter der Kunst mit wahnsinnig viel Erfahrung. Studiere seine Vison und seine Technik. Er oder sie sitzten in LA oder New York, aber Du brauchst ein physisches Gegenüber. Jemand, der für Dich erreichbar ist – vor, nach und während des Drehs. Was meint Ihr wie oft ich täglich Whatsapps oder Anrufe von meinen Klienten für Detailfragen bekomme? Das ist ok, das ist Teil des Coachings. Für meine festen Klienten bin ich 24/7 erreichbar.
Ein Coach ist also ein Mentor. Jemand, der mental neben Dir ist, den Du mental verinnerlicht hast. Oder eben auch direkt kontaktieren kannst. Ein Coach ersetzt nicht Dein Denken. Er ist nur bei wichtigen Fragen Dein Berater, Dein Lernbegleiter, der Visionär Deines Potentials. Der an Dich glaubt, wenn Du oder andere zweifeln.
Ein Coach gibt Dir die Leitersprossen zur Erfüllung Deines Potentials.
Ob Du dann die Leitersprossen gehst, ist Deine Entscheidung.
5. Wie arbeitet ein Coach?
– 1:1 Gespräche
– gemeinsame Textanalyse
– 1:1 Proben im Studio
– Workshops, bei dem in der Gruppe Methoden und emotionale Flexibilität trainiert werden
– Kameraarbeit:
– – on camera-Workshops
– – Erstellung von Material/Szenen im Workshop
– – E-Castingszenen (ein Schauspieler erstellt on his own E-Castingsszenen und schickt sie mir zur Ansicht und Auswertung)
– Analyse von gesendetem Material = REFLEXION, der Coach analysiert zusammen mit dem Klienten nachträglich ihre Arbeit
Ich persönlich halte die Gesprächsarbeit für am Wichtigsten. Weil ich zusammen mit dem Klienten die Rolle erschaffe und alles über das Bewusstsein geht. Wir erschaffen gemeinsam die Figur und irgendwann hebt sie ab und fliegt.
6. Welche Methoden verwendet ein Coach?

Uta Hagen
Da muss man erstmal eine Grundsache klären:
Willst Du präsentierend und repräsentierend spielen?
Uta Hagen definierte das 1973 so:
„Formalisiertes, rein äußeres Spiel (repräsentierend) tendiert dazu, den Moden zu folgen“.
Momentan ist es „in“, somanmbul zu spielen, underplay bis gar nichts mehr da ist, oder nur laut und „Hey hey hey ich bin ein Proll!“ oder „Pssssst, ich spreche so wahnsinnig leise und undeutlich, weil ich dann interessant rüberkomme!“
„Inneres Spiel (präsentierend) ignoriert die Moden und kann folglich so zeitlos wie die menschliche Erfahrung selbst sein“
Ich arbeite nur präsentierend, denn „Ich kann nur etwas lehren, an das ich glaube“ (Uta Hagen) Sein oder nicht sein. Entweder man IST die Rolle oder man stellt sie dekorierend dar.
Die zweite Grundsatzentscheidung ist keine Entscheidung sondern eine Gleisweiche, die bei jedem Schauspieler anders sein kann:
VON INNEN NACH AUSSEN
VON AUSSEN NACH INNEN
KOMBINATION der beiden
Von Innen nach aussen:
Von der PSYCHE zur PHYSIS
Im Mittelpunkt steht die IDENTITÄT DES SCHAUSPIELERS und dessen absolute VERSCHMELZUNG mit der Rolle. Es geht um die PERSÖNLICHE BIOGRAFIE des Schauspielers, seine ERINNERUNGEN und seine damit verknüpften GEFÜHLE, die er der ROLLE GIBT. Das ist eine sehr GEBENDE Einstellung.
Vertreter von VON INNEN NACH AUSSEN:
der frühe Konstantin Stanislavski
Lee Strasberg
Susan Batson
Ivana Chubbuck
Von Aussen nach Innen:
VORSTELLUNGSKRAFT – die Qualität der Vorstellungskraft entscheidet über Authenzität GEGEBENE UMSTÄNDE – der Ort sagt Dir, wie Du spielen musst
PHYSISCHE AKTIONEN – Acting is action, action is doing.
Basis ist auch hier die TEXTANALYSE → SOZIOÖKOMOMISCHE UMSTÄNDE
Definiere die Rolle über den Umgang mit REQUISITEN, KOSTÜM und MASKE
KÖRPERLICHE HALTUNG → das führt Dich über die Figur letztendlich zu Dir selbst
Vertreter von VON AUSSEN NACH INNEN:
Francois Delsarte (Delsartismus nennt sich eine Vielzahl von bewegungspädagogischen Schulen, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine Abkehr vom Ständeverhalten hin zum Neuhumanismus anstrebten)
Wsewolod Emiljewitsch Meyerhold (Biomechanik, antirealistische Bühnenkunst)
der späte Konstantin Stanislavski
Stella Adler
Sanford Meisner
Bekanntestes Beispiel: MARLON BRANDO, er war Schüler von STELLA ADLER. Er war sehr viel intelektueller als viele denken. Er sah in allen Rollen anders aus und war doch immer Marlon. Vergleiche seine Rollen in ENDSTATION SEHNSUCHT, DIE FAUST IM NACKEN, DER PATE, DER LETZTE TANGO VON PARIS, APOCALYPSE NOW..
Deswegen ist mein Logo übrigens auch wtf would Marlon do? Marlon Brando ist DAS Jahrhunderttalent. Allerdings wäre er meiner Meinung nach nicht so berühmt geworden, hätte JAMES DEAN länger gelebt.
Die KOMBINATION von beidem:
Das i-Tüpfelchen, vor allem aber die Realität des Schauspiels ist eine KOMBINATION von „Von Innen nach Aussen“ und von „Von Aussen nach Innen“. Jeder Schauspieler und jeder Coach braucht einen STEIGBÜGEL, „einen Zipel, an dem er das Leben und die Kunst packt“. Das war frei nach Goethe und ist im übertragenen Sinne gemeint! Irgendwo muss man eben anfangen. Beim INNEN oder beim AUSSEN. Und man fängt intuitiv dort an, wo es am leichtesten fällt. Und dann kombiniert man. Damit spart man sich viel Zeit und Arbeit. Denn die eine Herangehensweise ist in manchen Bereichen einfacher und direkter als die andere. Wir sind frei und machen, was wir wollen. Und nur das, was funktioniert, zählt.
Als Schauspieler hat man eine Methode verinnerlicht oder man wurde mit einer Methode ausgebildet. Als guter Coach muss ich natürlich VERSATIL sein und beides kennen und können, denn jeder Klient ist anders.
Die 7. und wichtigste typische Frage: Welcher Coach ist der richtige für MICH?
In erster Linie hat man einen Coach, um in eine Rolle reinzukommen.
Nun sucht man dafür eine Vetrauensperson und das ist wie bei einer Beziehung oder einem Therapeuth: Die Chemie ist extrem wichtig.
Den akzeptiere ich, dem vertraue ich, von dem lasse ich mich führen, mit dem kann ich in den Konflikt gehen, bei dem fühle ich mich wohl. Will ich einen Mann oder Frau? Eher alt oder eher jung?
Entscheidend ist die Substanz eines Coaches – ein Therapeut hat Psychologie oder Psychatrie studiert und auch ein Schauspielcoach sollte Schauspiel und Schauspieltechniken studiert haben. Nachdem „Coach“ wie „Schauspieler“ kein geschützter Beruf ist, muss ein Coach natürlich keinen akademischen Abschluss haben. Aber wie bei einer parethätischen Prüfung der ZAV sollte er genug Erfahrung und Wissen über Schauspiel vorweisen können.
Er sollte selber gepielt haben. Weil ein Coach wissen muss, wie es ist, in einer Rolle zu stecken und auf der Bühne oder vor der Kamera zu stehen. UND er muss an einem Punkt sein, wo er sich selber nicht primär als Schauspieler sieht. Warum? Wenn er selber noch Schauspieler ist, fehlt ihm die Distanz zur Rolle, weil er sich immernoch selber als Schauspieler einbringen will.
„Coach“ sollte nicht sein Nebenberuf sein, sonst kann er nicht tief genug einsteigen. Mit „genug Wissen“ meine ich auch eine gewisse Bandbreite an Wissen. Natürlich gibt es Spezialisten für gewisse Methoden oder Gurus. Die „nur Chubbuck“ oder „nur Batson“ oder „nur Strasberg“ oder„nur Checkov“ oder „nur Meisner“ machen. Aber das finde ich persönlich eindimensional. Ein Coach sollte eben VERSATIL sein. Wenn Du Deine eine ultimative Technik gefunden hat, dann macht ein Spezialist Sinn. Es fragt sich nur, wie lang.
Es gibt einen Kern, eine Schnittmenge aller Schauspieltechniken. Ja, es gibt fixe Parameter um zu benennen, was „gutes“ Schauspiel ausmacht. Die Beurteilung von Schauspiel ist nicht so vage, wie es viele Leute abseits der Kamera oder Bühne machen – Kritiker, Caster, Redakteure, Zuschauer..
Testet den Coach, was ER „gutes Schauspiel“ findet. Stimmt Ihr überein?
Testet, wie gut er es benennen und differenzieren kann und was er für Möglichkeiten kennt, um dorthin, zu „gutem Schauspiel“, zu kommen.
Wenn der Coach diesen „Test“ besteht, dann hat er eine solide Basis und wenn Ihr ihn auch noch sympathisch findet, dann arbeitet mit ihm oder ihr. Probiert es aus!
Es kann sein, dass ihr 3 verschiedene Coaches ausprobieren müsst, bis ihr an den kommt, der speziell für Euch der Richtige ist.
1 guter Coach ist besser als keiner,
1 schlechter Coach ist schlimmer als keiner.

Julia Koschitz mit Wotan Wilke Möhring in AM RUDER (Regie: Stephan Wagner)
Meine Klientin Julia Koschitz arbeitet mit unterschiedlichen Coaches an unterschiedlichen Rollen. Hauptsache NICHT GLEICHZEITIG! Denn zu viele Köche verderben den Brei. Zu mir kam sie immer mit dramatischen Rollen. Für unsere Arbeit hat sie immer Preise oder Nominierungen erhalten.
Weitere Kriterien und quasi der Fragebogen für Deinen passenden Coach:
– Schaut auf seine Referenzen oder bisherigen Tätigkeiten
– Hat er eine eigene Technik entwickelt? Ist die gut?
– Recherchiert er gut?
– Publiziert er? Wenn ja, was?
– Ist er gut vernetzt? Damit meine ich nicht, dass er Jobs vermittelt. Er ist kein Agent, kein Caster, kein Produzent und kein Redakteur. Ich finde diese Ämterhäufung auch absolut unseriös und verdächtig – denn dann geht es dem Coach nur um MACHT. Nicht um Dich.
– DISKRETION ist ein absolutes MUST-HAVE!! Alle privaten Geheimnisse, intimen Details oder Verletzugen müssen unter Euch bleiben!
– Ein guter Coach kostet Geld. Ein guter Coach ist es auch wert, weil er den Karriereverlauf maßgeblich verbessern kann – KANN. Es gehören 2 dazu. Deine Umsetzung zählt. Wenn das funktioniert, dann sind die Coachingkosten sehr schnell wieder reingespielt. Man braucht aber auch ein wenig Geduld und finanziell einen mittellangen Atem. Wer Schauspiel nur macht, um Geld zu verdienen, hat eh ein Problem. Wer Schauspiel macht ohne Geld zu verdienen auch. Eile mit Weile. Zeit ist durch nichts zu ersetzen als durch Zeit. Jeder hat eine andere Geschwindigkeit. Es dauert, bis Dein System das Coaching verinnerlicht hat und umsetzt. Schnellschüsse gehen meist daneben und sind nicht sehr nachhaltig.
– Stellt die Persönlichkeit des Coaches in Frage: Hat er sein eigenes Leben im Griff oder proijeziert er nur seine Neurosen, seine Defizite oder seine Needs – also seine unbewussten, unerfüllten Bedürnisse – auf Dich?
– Geht es ihm mehr um sich oder mehr um Dich? Ist er wirklich bei Dir?
– Sieht er Dich mit einem liebevollen Blick? Liebt er Dich? Im übertragenen Sinne! Wenn er sich in Dich oder Du Dich in ihn ernsthaft verliebst – sofort die Arbeit abbrechen! Das ist EMOTIONALER MISSBRAUCH! Geht überhaupt nicht. Und körperlicher Missbrauch erst Recht nicht. Aber er muss Dich mit einem liebevollen Blick sehen. Und genauso musst Du Deinen Coach sehen wollen.
– Hält er professionellen Abstand?
– Zusammenfassend ist es eigentlich ganz einfach: Fühlst Du Dich wohl bei ihm?
Abschliessen möchte ich meinen Vortrag mit einem Goethe-Zitat – ich bin einfach Goethe-Fan. Und dieses Zitat fasst meine ganze Vorrede und die ganze Veranstaltung zusammen:
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